Preisträgerinnen und Preisträger 2024
„Hunderte Abschlussarbeiten werden jedes Jahr an der Universität Hamburg angefertigt und bewertet – und manchmal glänzen Edelsteine heraus“, so Prof. Kay-Christian Emeis, Mitglied der Jury und Laudator für den Young Climate Scientists Award 2024. In diesem Jahr sind 27 solch hochkarätiger Arbeiten für den Preis eingereicht worden. Die drei besten wurden nun im Rahmen einer Feier mit Vertretern der Gesellschaft Harmonie von 1789 e.V., die den Preis stiftet, prämiert: Den ersten Preis erhält David Hafezi Rachti für seine Bachelorarbeit im Fach Meteorologie (€ 5.000). Der zweite Platz geht an Cathrin-Charlotte Basche für Ihre Bachelorarbeit in Geographie (€ 3.000) und der dritte Platz an Kai Bellinghausen für seine Masterarbeit in Ozean- und Klimaphysik (€ 2.000). Mit Mut und Kreativität haben sie Neuland betreten und disziplinäre Grenzen überschritten, so die Gutachter.
Wie die Atmosphäre die Kohlenstoffaufnahme von Wäldern beeinflusst
David Hafezi Rachti wendet eine neue, innovative Methodik des maschinellen Lernens an, um Wechselwirkungen im Kohlenstoffkreislauf zu erfassen. Er betrachtet Wälder, die eine wichtige Senke im globalen Kohlenstoffkreislauf sind und die Geschwindigkeit des Klimawandels regulieren. Wie effizient Ökosysteme Kohlenstoff aufnehmen können, unterliegt großen Schwankungen, die von der Biosphäre, Lithosphäre und Atmosphäre gesteuert werden. Zusätzlich sind auch Stressfaktoren, wie beispielsweise eine Trockenperiode, von Bedeutung und zeitversetzte Reaktionen der Ökosysteme müssen mitberücksichtigt werden. David Hafezi Rachti verbindet in seiner Arbeit Wissen des maschinellen Lernens, biologisches Prozessverständnis und Theorie atmosphärischer Austauschprozesse. Er zeigt, wie maschinelles Lernen neue Möglichkeiten für komplexe, lange bekannte Probleme der Klimaforschung bringt: Er passt Techniken des maschinellen Lernens an, um die Rolle der meteorologischen Variabilität auf die Kohlenstoffbilanz von Waldökosystemen zu untersuchen und analysiert insgesamt 15 Laubwaldstandorte. Dabei kommt er zum Ergebnis, dass die Verfügbarkeit von Wasser der wichtigste Faktor für Schwankungen in der Kohlenstoffbilanz ist.
Wie der Klimawandel Gletscher im Himalaya schrumpft
Cathrin-Charlotte Basche hat untersucht, wie die Gletscher im zentralen Himalaya durch den Klimawandel zurückgehen. Dabei hat sie die Veränderungen in dem in Tibet gelegenen Paiku Co Basin von 1988 bis 2021 unter die Lupe genommen und den Zusammenhang mit der Erwärmung ermittelt. Sie hat dafür Satelliten- und regionale Klimadaten ausgewertet und miteinander in Beziehung gesetzt. Die Arbeit füllt eine Lücke, denn bisher liegen kaum glaziologische Arbeiten zu der Region im Zentral-Himalaya vor. Sie zeigt, dass sich bei den vier untersuchten Gletschern die Eisflächen verändert haben. Die Gletscherzungen haben sich deutlich zurückgezogen und an ihren Endpunkten sind Gletscherseen entstanden. Die Ergebnisse der Arbeit sind unmittelbar relevant für die Wasserversorgung von Menschen und Natur vor Ort. Sie können Verwendung für überregionale Rekonstruktionen der Gletscherdynamik im Himalaya finden und bieten auch methodisch innovative Ansätze für weiterführende Anwendungen.
Sturmfluten an der Ostsee einige Tage im Voraus vorhersagen
Kai Bellinghausen hat eine der ersten Anwendungen von maschinellem Lernen für kurzfristige ozeanographische Vorhersagen für die Ostsee vorgelegt. Er entwickelte einen Algorithmus zur Vorhersage täglicher extremer Wasserstände entlang der Ostseeküste und bezog atmosphärische Einflussfaktoren wie Wind, Temperatur und Niederschlag ein. Dabei galt es, die Ostsee als komplexes System zu erfassen: Haupttreiber von Sturmfluten sind hier der Druck- und Windeffekt sowie ein Zustand, der als Vorfüllung bezeichnet wird, eine Vergrößerung des Volumens der Ostsee durch Einströmen von Wassermassen aus der Nordsee über die dänische Meerenge. Abhängig von der Ausrichtung der Küstenlinie verändern sich die Muster der Treiber von Sturmfluten. Kai Bellinghausen gelingt ein interdisziplinärer Ansatz, der Fachkenntnisse über Sturmflutprozesse mit der Welt des maschinellen Lernens verbindet. Er bearbeitete große Datensätze aus meteorologischen Reanalysen und Meeresspiegelbeobachtungen. Systematisch testete er verschiedene Konfigurationen des maschinellen Lernmodells (Random Forest) und wandte eine Vielzahl von Methoden zur Bewertung der statistischen Vorhersagequalität des Modells an. Da Sturmfluten hohe Schäden verursachen können, hat das Vorhersagesystem eine hohe Relevanz für die Bevölkerung der Ostseeanrainerstaaten und kann durch die kurze Laufzeit als Vorlaufmodell von komplexeren Vorhersagesystemen genutzt werden.