Klima- und Georisiken
Klima- und Georisiken umfassen Naturgefahren wie Erdbeben, Stürme, Überschwemmungen, Hitze- und Kältewellen, Vulkanausbrüche – aber auch Gefahren, die durch den Menschen entstehen. Dazu zählen u. a. Hangrutschungen durch Rodung oder Leckagen und Mikrobeben durch die Speicherung von CO2 in unterirdischen Lagerstätten. Um diese Risiken minimieren zu können, sind integrierte Forschungsanstrengungen erforderlich. Hierzu bringt das CEN seine Expertise auf verschiedenen Ebenen ein: Numerische Modelle, Beobachtungen, mathematische Theorien und das Verständnis geophysikalischer Mechanismen sind entscheidend, um Extremereignisse vorherzusagen. Ergebnisse dieser Arbeiten finden Eingang in ökonomische und geographische Modellstudien, in denen zum Beispiel Szenarien zur Reduzierung von klimarelevanten Schadstoffen über wirtschaftliche Anreize untersucht werden. Diese Ergebnisse werden in die Ausgangsmodelle zurückgespiegelt, um ihre Wirksamkeit zu testen.
Koordination: Prof. Dirk Gajewski, Prof. Matthias Hort
Auswahl von Projekten im Bereich „Klima- und Georisiken“ am CEN:
CO2RES: Charakterisierung von CO2 Lagerstätten mit seismischen Methoden
Deutschland (und andere Länder) verfehlen die in Klimakonferenzen gesetzten Ziele zur Reduzierung des CO2 Ausstoßes. Bis zu einer nachhaltigen Wirkung durch Reduzierung der CO2 Emissionen müssen daher Brückentechnologien zum Einsatz kommen, um die gesetzten Klimaziele zu erreichen. Die Sequestrierung von CO2 in den Untergrund ist dafür ein geeignetes Instrument. Dazu müssen potentielle CO2 Lagerstätten gefunden, auf ihre Eigenschaften als Reservoir untersucht und in Bezug auf potentielle Georisiken evaluiert werden. Diese Aufgaben können mit seismischen Methoden bearbeitet werden. Für die Untergrundabbildung sind hierfür Verfahren notwendig, die Details im Untergrund mit hoher Genauigkeit und Auflösung darstellen und die in vergleichbarer Weise auch für die Rohstofferkundung genutzt und entwickelt werden. CO2RES ist ein Teilprojekt im Wave Inversion Technology Consortium.
Dauer: 1996-fortlaufend
Projektleitung: Prof. Dr. Dirk Gajewski
Drittmittelgeber: Unternehmen und Servicefirmen aus dem Energiesektor
MEDSALT COST Action CA15103 : Uncovering the Mediterranean salt giant
MEDSALT ist ein Forschungsnetzwerk, dem 20 Nationen angehören. Im Rahmen von MEDSALT wird der weltweit jüngste Messinische „Salzgigant“ im Mittelmeer beforscht. Ziel des Forschungsnetzwerks ist das Verständnis der klimatischen und ozeanografischen Ablagerungsbedingungen im Messin sowie deren Folgen; Salztektonik und Fluidmigration sowie resultierende Georisiken, die tiefe Biosphäre sowie die Wechselwirkung zwischen der Tiefen Erde und der Erdoberfläche. Strategisches Ziel ist die Erarbeitung von wissenschaftlichen Bohrvorschlägen für das International Ocean Discovery Program (IODP). Die Arbeitsgruppe 2 beschäftigt sich mit Salztektonik, Fluiden und Geohazards.
Dauer: 2016-2018
Projektleitung (MEDSALT-AG 2): Prof. Dr. Christian Hübscher (UHH), Dr. Roger Urgeless (CSIC, Barcelona)
Drittmittelgeber: EU Rahmenprogramm
SIMULTAN: Subrosion und Instabilität von Erdfällen. Integrierte multi-skalige Überwachung und Analyse
Aufgrund des weit verbreiteten Vorkommens von wasserlöslichen Gesteinen im oberflächennahen Untergrund in Deutschland stellen Erdfälle eine bedeutende Naturgefahr auch in urbanen Gebieten dar. In dem Projekt wird eine Verbesserung des physikalischen Verständnisses von Subrosions- und Erdfallprozessen auf verschieden Raum- und Zeitskalen unter Verwendung von multidisziplinären Untersuchungsmethoden angestrebt. Im Zuge des Projektes soll die Früherkennung von Instabilität, Unruhe und Kollaps von Erdfällen durch den Einsatz geophysikalischer Methoden verbessert werden. Die im Rahmen des Teilprojektes entwickelten Methoden zur seismischen Überwachung von urbanen Erdfällen eignen sich möglicherweise auch für das Auffinden von schwachen seismischen Ereignissen in anderen (auch zukünftigen) Datensätzen mit starken Störsignalen (z.B. urbane Geothermieprojekte, Charakterisierung von Seismizität von rezenter oberflächennaher Tektonik oder bei CCS-Projekten).
Dauer: 2015-2018
Projektleitung Arbeitspaket 2: Seismische Überwachung und Charakterisierung von Erdfallgebieten: Dr. Dirk Becker
Drittmittelgeber: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
StrucFlow: Neotektonik und Fluiddynamik im marinen Sektor des Norddeutschen Beckens
Basierend auf hoch-auflösenden reflexionsseismischen Daten und in Kooperation mit deutschen, schwedischen und polnischen Partnerinstitutionen wollen wir 1) die Störungsfortsetzung vom Grundgebirge zum Meeresboden lückenlos abbilden; 2) die Deformationsgeschichte seit dem Rotliegenden quantifizieren; 3) Salztektonik im Norddeutschen Becken verstehen; 4) Eisauflast induzierte Tektonik beforschen; und 5) Fluid Migration von Meso- und Paleozoischen Speicher- und Muttergesteinen zum Meeresboden untersuchen. Wir hypothesieren, dass a) das regionale Spannungsfeld und differentielle Eisauflast alte Störungssysteme reaktivierten oder neue Störungen im flacheren Untergrund bis zur Erdoberfläche entstehen ließen, dass b) sich Salztektonik in Randbereichen des Norddeutschen Beckens durch einen Gravitationskollaps erklären lassen, und dass c) das Kohlenwasserstoffsystem im Untersuchungsgebiet durchlässig ist. Wir erwarten für die Daseinsvorsorge relevante Ergebnisse bzgl. der Themenfelder CO2-Sequestrierung, Geo-Engineering, Endlagerung.
Dauer: 2018-2020
Projektleitung: Prof. Dr. Christian Hübscher (UHH), Dr. Vera Noack (BGR)
Drittmittelgeber: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
SUBMON: Registrierung und Charakterisierung akustischer Emissionen
Das Projekt SUBMON ist ein Teilprojekt im Vorhaben „Tomographie diffraktierter Wellenfelder“. Im Erduntergrund werden permanent akustische Emissionen unterschiedlicher Stärke erzeugt. Diese können tektonische Ursachen haben und äußern sich in Erdbeben. Aber auch anthropogene Ursachen führen zu solchen Ereignissen, z.B. durch das Einleiten von CO2 in eine Lagerstätte, bei der Förderung von Kohlenwasserstoffen sowie im Berg- und Tunnelbau. Die kinematischen Eigenschaften dieser seismischen Ereignisse folgen den Gesetzmäßigkeiten von diffraktierten Wellen, wie sie auch in der Refexionsseismik beobachtet werden. Die Lokalisierung der akustischen Emissionen im Raum ist eine wichtige Teilaufgabe bei der Überwachung des Untergrunds, da sich damit Georisiken untersuchen und Gefahrenpotentiale abschätzen lassen. Für eine korrekte Ortung der Ereignisse ist die Kenntnis der Wellengeschwindigkeit im Untergrund erforderlich, die mit tomographischen Methoden ermittelt wird.
Dauer: 2016-2019
Projektleitung: Prof. Dr. Dirk Gajewski
Drittmittelgeber: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi)
BMBF-Verbund – Gravitationswellen detektieren
Astrophysikalische Ereignisse wie die Verschmelzung von zwei Schwarzen Löchern erzeugen Schwingungen der Raum-Zeit, sogenannte Gravitationswellen. Sie lassen sich mit besonderen Detektoren, den Gravitationswellenobservatorien, nachweisen. Gravitationswellen wurden vor etwa 100 Jahren von Albert Einstein vorhergesagt, der erste experimentelle Nachweis gelang allerdings erst 2015. Mittlerweile arbeiten Forschende bereits an Observatorien der dritten Generation. Zu ihnen zählt das geplante Einstein-Teleskop. Dieses Teleskop soll genauere Messungen des Nachvibrierens des Urknalls liefern und detailliertere Einblicke in Verschmelzungsprozesse im Weltall geben. Möglich wird dies durch größere Empfindlichkeiten des Teleskops in Frequenzbereichen unter zehn Hertz und über 500 Hertz. Hier stoßen bisherige Gravitationswellenobservatorien an ihre Grenzen.
Am Institut für Geophysik soll die Sensitivität im niederfrequenten Bereich verbessert werden. Es wird eine Methode entwickelt, um die gravitative Kopplung von seismischen Wellen an die Position der Spiegel vorherzusagen, um dann diesen Effekt im Nachhinein zu korrigieren. Das sogenannte Gravitations-Gradienten-Rauschen, bei dem die anziehenden Kräfte auf die Pendel sich durch die Bewegung der Umgebung ändern, kann mittels eines Netzwerks aus Seismometern vorhergesagt werden. Die Herausforderung liegt darin, aus den vielen Signalen die eigentliche Störung vorherzusagen. Hierzu werden Methoden des maschinellen Lernens entwickelt und angewendet.
Das BMBF fördert das Verbundprojekt unter Leitung der RWTH Aachen mit rund drei Millionen Euro für drei Jahre. Gut eine halbe Million Euro davon fließen in drei Teilprojekte an der Universität Hamburg, eines davon am Institut für Geophysik.
Dauer: 2020-2023
Leitung Teilprojekt Geophysik: Prof. Dr. Dirk Gajewski, Prof. Dr. Celinie Hadziioannou (UHH)
Drittmittelgeber: BMBF
VolcHaz : Vulkangefahren
Vulkane sind zum einen ein faszinierendes Naturschauspiel, zum anderen bergen sie Gefahren, die sich lokal, regional aber auch global auswirken können. Lokale Gefahren schließen u.a. sog. pyroklastische Ströme und den Fall großer Mengen von Asche ein, welche auch Menschenleben fordern und die Infrastuktur zerstören oder stark beeinträchtigen können. Regionale Gefährdungen beinhalten ebenfalls Aschefall, der u.a. zu Atemwegserkrankungen führen kann und ebenso die Infrastruktur und möglicherweise den Flugverkehr beeinträchtigt. Auf globaler Ebene spielen klimatische Auswirkungen eine Rolle, z.B. wenn durch vulkanische Aktivität große Mengen an Aerosolen in die Stratosphäre gelangen. Der Ausfall von Schlüsselindustrien bedingt durch einen Vulkanausbruch (z.B. Ausbruch des Mt. Rainer nahe Seattle, USA) kann aber auch die globale Wirtschaft u.U. nachhaltig beeinflussen. Um sowohl Menschenleben als auch Infrastruktur vor den Auswirkungen von Vulkanausbrüchen besser zu schützen, besteht im Hinblick auf das Verständnis physikalischer Prozesse vor und während vulkanischer Eruptionen ein großer Forschungsbedarf.
Der Schwerpunkt liegt hier zum einen auf Transportprozessen entlang des letzten Kilometers vor dem Ausbruch. Hier kommen sowohl numerische Modelle als auch Beobachtungen an Vulkanen zum Einsatz. Um lokale und regionale Auswirkungen von Vulkanausbrüchen zu erfassen, werden mittels neuer mathematischer Verfahren schnelle Algorithmen entwickelt, um den Transport von Vulkanasche besser vorhersagen zu können.
Dauer: 2017-2021
Projektleitung: Prof. Dr. M. Hort, Dr. L. Scharff
Drittmittelgeber: verschiedenen DFG Förderungen
WIT: Wave Inversion Technology
Um ein möglichst genaues Bild vom Erdinneren und den damit zusammenhängenden physikalischen Eigenschaften und Prozessen zu erhalten, bedarf es präziser Methoden für die Auswertung reflexionsseismischer Daten. Das Wave Inversion Technology Konsortium (WIT) entwickelt Verfahren für die optimale Abbildung von Struktur und Eigenschaften des Untergrunds mit kontrolliert erzeugten Wellen.
Ein Ziel des Konsortiums ist es, zukünftige Generationen von Experten in der geophysikalischen Forschung auszubilden. WIT ist ein internationales Projekt, das im Jahr 1996 gegründet wurde. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Hamburg, Karlsruhe und Campinas, Brasilien, sind daran beteiligt. Finanziert wird es von Unternehmen aus dem Energiesektor.
Dauer: 1996-fortlaufend
Projektleitung: Prof. Dr. Dirk Gajewski
Drittmittelgeber: Unternehmen und Servicefirmen aus dem Energiesektor