Interview mit Jun.-Prof. Janpeter Schilling"COP23 erzielt wichtige Fortschritte"
17. November 2017, von CEN Universität Hamburg
Foto: UHH/CEN/J. Schilling
Am 17. November endet die UN-Weltklimakonferenz in Bonn. Jun.-Prof. Janpeter Schilling, ehemaliger Dozent der Graduiertenschule SICSS und CEN Alumnus, war vom 15. bis 17. November als Teilnehmer bei der COP23 vor Ort. Im Gespräch berichtet er von seinen Eindrücken.
Herr Schilling, welche Veranstaltung oder Rede bleibt Ihnen besonders im Gedächtnis?
Die Statements einiger Regierungschefs von Inselstaaten haben mich besonders beeindruckt. Diese „Dringlichkeits-Statements“, die die Verhandlungspartner zum Handeln drängen sollen, sind zwar ein gewohntes Merkmal von Klimaverhandlungen. Dennoch bewegt es einen, wenn der Präsident von Tuvalu, Ratu Epeli Nailatikau, mit Bezug auf die Bedrohung des steigenden Meeresspiegels betont, „it keeps me awake at night, every night“. Im nächsten Atemzug sendete er dann eine Botschaft Richtung USA: „The climate change deniers must go home.“ In derselben Sitzung betonte Roosevelt Skerrit, Premierminister des Karibikstaats Dominica mit Verweis auf den Sturm „Maria“, „my country was brought to its knees overnight.“ Von verschiedenen Inselstaaten wurde die Frage gestellt „what if you have nothing to adapt to?“
Wie ist die Stimmung auf der Konferenz?
Die Stimmung ist überwiegend sachlich bis positiv, da wichtige Fortschritte erzielt wurden. Anflüge von Resignation waren nur bei einigen Regierungsvertretern karibischen und pazifischen Inselstaaten zu verzeichnen, die besonders mit Stürmen und Meeresspiegelanstieg zu kämpfen haben. Besonders am letzten Konferenztag wurde die ruhige bis angespannte Atmosphäre im Hauptkonferenzgebäude von einem Quartett aus Fidschi aufgeheitert, die mit ihren Gitarrenklängen und Gesang für viel Applaus bei den Konferenzteilnehmern sorgten.
Wie beurteilen Sie den Stand der Verhandlungen insgesamt?
Die COP23 ist mit Sicherheit nicht gescheitert. Wesentliche Eckpunkte des viel erwähnten “Rule Book”, also des Regelwerks wie die nationalen Emissionsziele überprüft und gemeldet werden, wurden definiert. Zudem haben sich 18 Staaten unter Führung von Kanada und Großbritannien zu einer „Anti-Kohle“ Allianz zusammengeschlossen, die sich den weltweiten Ausstieg aus Kohle bis 2050 zum Ziel gesetzt hat.
Nur schöne Worte oder aktiver Vorreiter – welche Rolle spielt Deutschland?
Zwar hat Bundeskanzlerin Merkel bei ihrem Besuch auf der COP den Kampf gegen den Klimawandel zur „Schicksalsfrage“ für die Welt erklärt und zahlreiche Regierungsvertreter anderer Länder haben die konstruktive Rolle Deutschlands gelobt. Dennoch wird Deutschland seiner Vorreiterrolle nicht gerecht. Deutschland wird, maßgeblich wegen der Kohleverstromung, sein Klimaziel bis 2020, das eine Reduktion der CO₂-Emissionen von 40 Prozent im Vergleich zu 1990 vorsieht, sehr wahrscheinlich deutlich verfehlen. Bei der Anti-Kohle Allianz macht Deutschland nicht mit, zumindest noch nicht. Dies hängt direkt mit den aktuell laufenden Sondierungsgesprächen einer möglichen Jamaika-Regierung zusammen.
Jun.-Prof. Janpeter Schilling hat an der Graduiertenschule SICSS promoviert und war im Anschluss im Rahmen der SICSS und des Centrums für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) tätig.