Intakte Natur hilft, Treibhausgase zu reduzieren
29. Juli 2015, von Franziska Neigenfind
Foto: UHH/CEN/S. Beddig
Mais und Raps soweit das Auge reicht – Pflanzen, die zu Biogas und Biodiesel verarbeitet werden, prägen viele Äcker Europas. Bioenergie gilt als klimafreundlich ...
Mais und Raps so weit das Auge reicht – Pflanzen, die zu Biogas und Biodiesel verarbeitet werden, prägen viele Äcker Europas. Bioenergie gilt als klimafreundlich, da Pflanzen bei der Verbrennung nur die Menge Kohlendioxid freisetzen, die sie der Atmosphäre während des Wachstums entzogen haben. Auch die Windkraft soll Treibhausgase reduzieren. Doch was dem Klima hilft, kann der Natur schaden: Im Falle der Mais- und Rapsfelder sind es Monokulturen und Pestizide. Windräder dagegen stören Vogelzugrouten und können für Vögel und Fledermäuse zur tödlichen Falle werden. Die Beispiele zeigen, wie schwierig es ist, den Klimawandel abzumildern und gleichzeitig Lebensräume für Tiere und Pflanzen zu bewahren.
Naturnahe Feuchtgebiete sind wahre Schätze für den Klimaschutz
Als Umweltwissenschaftlerin erforsche ich zusammen mit Ökonomen, wie sich die Ziele des Natur- und Klimaschutzes kostengünstig verbinden lassen. Dabei konzentrieren wir uns auf die Böden, die eine wichtige Leistung für das Klima erbringen. Sie sind der größte Speicher für organischen Kohlenstoff und enthalten sogar doppelt so viel Kohlenstoff wie die Atmosphäre. Wahre Schätze sind hier Schutzgebiete wie intakte Moore, Sümpfe und Flussauen. Sie bieten Lebensraum für bedrohte Arten. Gleichzeitig binden sie deutlich mehr Kohlenstoff im Boden als andere Gebiete: Rund 12 Prozent der weltweiten Landfläche sind geschützt, speichern aber gut 15 Prozent des gesamten Bodenkohlenstoffs der Erde. Intakte Ökosysteme sind also gut für Tiere und Pflanzen – und für das Klima. Werden Böden jedoch entwässert, entweicht der Kohlenstoff in Form von Treibhausgasen.
Um das Potenzial der europäischen Naturschutzgebiete für den Klimaschutz zu ermitteln, haben wir die sogenannten Natura 2000-Gebiete der Europäischen Union untersucht. Drei Faktoren waren dabei ausschlaggebend: räumliche Daten wie Größe und Grenzen der Schutzgebiete, der Kohlenstoffgehalt in der obersten Bodenschicht und der durchschnittliche Hektarpreis. Diese haben wir mithilfe von Geo-Informationssystemen verknüpft. Das sind computergestützte Programme, mit denen räumliche Daten verarbeitet werden. So erhielten wir ein Raster mit mehr als vier Millionen Datensätzen, die wir statistisch ausgewertet haben. Besonders wichtig war uns die hohe Auflösung des Rasters. Seine Maschenweite beträgt nur einen Kilometer.
Natur- und Klimaschutz lassen sich kostengünstig verbinden
Unsere Analysen zeigen, dass Schutzgebiete häufig sehr viel Bodenkohlenstoff aufweisen: Durchschnittlich enthalten Natura 2000-Gebiete 7,5 Prozent Kohlenstoff und damit rund zehn Prozent mehr als nicht geschützte Gebiete. Außerdem fanden wir heraus, dass Schutzgebiete oft dort eingerichtet werden, wo die Landwirtschaft weniger ertragreich ist als in anderen Gebieten. Der durchschnittliche landwirtschaftliche Wert beträgt bei Flächen innerhalb der Natura 2000-Gebiete etwa 6000 Euro, bei den nicht geschützten Gebieten knapp 7000 Euro pro Hektar.
Mit unserer Methode können wir auch bisher nicht geschützte Gebiete mit hohem Kohlenstoffanteil und niedrigem Landpreis aufspüren. Dies kann helfen, das europäische System der Schutzgebiete klimafreundlich und kostengünstig zu erweitern. Würden Naturschutzgebiete stärker in die Klimapolitik einbezogen, ließe sich der Ausstoß von Treibhausgasen auf natürliche Weise verringern.
Mehr Informationen: