Klimakonflikte in Kenia sind vermeidbar
18. August 2014, von Markus Dressel
Foto: UHH/CEN
Gut vernetzte Akteure handeln bereits. Die Land- und Viehwirtschaft etwa setzt auf klimarobustes Saatgut und sammelt Regenwasser ...
Neues aus der Klimaforschung: Einmal im Monat berichten Klimaforscher im Hamburger Abendblatt über aktuelle Erkenntnisse. Dr. Grace Ngaruiya Wambui forscht in der CliSAP Arbeitsgruppe "Klimawandel und Sicherheit".
Der Klimawandel trifft vor allem Entwicklungsländer hart. So auch Kenia, meine Heimat. Denn sie ist von einem klimasensiblen Sektor abhängig: der Landwirtschaft. Doch führen Dürren und Wassermangel wirklich zwangsläufig zu gewaltsamen Konflikten, wie oft propagiert wird? Wie nimmt das ländliche Kenia den Klimawandel wahr – und gibt es vor Ort bereits Strategien zur Anpassung?
Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, untersuchte ich die Verhältnisse in dem kleinen Ort Loitoktok. Am Fuße des Kilimanjaro grenznah zu Tansania gelegen, steht er exemplarisch für ein ländliches, aufstrebendes Kenia: Die Landwirtschaft und die Infrastruktur wachsen; der Wildlife-Tourismus läuft gut. Aber es mischen sich auch verschiedene Ethnien – es gibt also ein gewisses Konfliktpotenzial. Gleichzeitig belegen Studien, dass der Klimawandel bereits zu weniger Niederschlag, höheren Temperaturen und höherer Tiersterblichkeit führt.
In Loitoktok nahm ich Nutzen stiftende ökologische Bereiche wie Nahrungsmittelproduktion, Tierwelt, Wasser oder Heilpflanzen unter die Lupe. Diese sind wichtig für künftiges wirtschaftliches Wachstum. Ich ermittelte ihren ökonomischen Wert und untersuchte Klimaanpassungsstrategien der Regierung. Vor allem aber analysierte ich die jeweiligen Netzwerke – beispielsweise von Institutionen, Landwirten, Nichtregierungsorganisationen oder staatlichen Stellen. So erhielt ich ein Bild über das Beziehungsgeflecht und konnte erkennen, welche Bereiche gut vernetzt sind und welche nicht. Zusätzlich befragte ich insgesamt 154 Personen aus den Sektoren per Fragebogen, in Gruppendiskussionen und Expertengesprächen. So fand ich heraus, wie die Befragten den Klimawandel wahrnehmen, ob sie etwas dagegen tun, wann Konflikte auftreten und wer diese gegebenenfalls löst. So konnte ich Unterschiede der verschiedenen Bereiche im Umgang mit Klimawandel und Konflikten erkennen.
Interessanterweise zeigte sich, dass Land- und Viehwirtschaft gut vernetzt sind, der Wassersektor nur spärlich und der Bereich Heilpflanzen faktisch gar nicht. Höchstwahrscheinlich hängt dies damit zusammen, dass er staatlich nicht anerkannt ist. Meine Daten zeigten außerdem, dass Konflikte als Folge von Klimaänderungen nicht zwangsläufig auftreten müssen: Vor allem gut vernetzte Bereiche handeln bereits. Beispielsweise setzt die Land- und Tierwirtschaft auf klimarobustes Saatgut oder Tierarten, sammelt Regenwasser oder forstet auf, um der Bodenerosion entgegenzuwirken. Sind Akteure dagegen kaum vernetzt, hat dies meist mit fehlender Koordination oder Finanzkraft, zu wenig Personal oder – im Falle der Heilpflanzen – mit fehlenden Rechtsvorschriften zu tun.
Um Wege für eine bessere Klimaanpassung für Loitoktok oder andere Landkreise in Kenia zu ebnen, kann meine Methode fehlende Verbindungen zwischen den Akteuren sichtbar machen. So wird deutlich, wie sie ihre Netzwerkstruktur und somit auch ihr Ressourcenmanagement verbessern können. Denn: Gut vernetzte Bereiche tauschen sich vermehrt zu Klimawandel und -wirkung aus und sind somit besser angepasst – Konflikte sind also kein Muss.
Autorin: Dr. Grace Ngaruiya Wambui
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CliSAP Forschungsgruppe CRG Klimawandel und Sicherheit