Klimafreundlich heizen: Viele Vorbehalte, noch zu wenig Wissen
22. Januar 2014, von Markus Dressel
Foto: UHH/CEN
Neues vom KlimaCampus: Einmal im Monat berichten Klimaforscher im Hamburger Abendblatt über aktuelle Erkenntnisse. Johanna Matzat untersucht Einstellungen...
Neues vom KlimaCampus: Einmal im Monat berichten Klimaforscher im Hamburger Abendblatt über aktuelle Erkenntnisse. Johanna Matzat untersucht Einstellungen zu klimfreundlichen Heizlösungen.
Um den Klimawandel zu begrenzen, müssen weniger Treibhausgase erzeugt werden. Was viele nicht wissen: Private Haushalte produzieren mindestens genauso viele Emissionen wie die Industrie. Innerhalb des Haushaltssektors ist wiederum der größte Posten das Heizen, auf das rund Dreiviertel der hier produzierten Emissionen entfallen.
Als Soziologin am KlimaCampus interessiere ich mich dafür, welche Rolle Routinen beim Heizen spielen und welches Wissen über klimafreundliche Alternativen vorhanden ist. Um dies herauszufinden, habe ich zwei Fallbeispiele untersucht: Heizen im sogenannten Smart Home und im Passivhaus.
Smart Homes sind eine relativ neue Entwicklung, bei der Computer für effizientes Heizen sorgen. Dadurch wird nur so viel Heizenergie verbraucht, wie tatsächlich nötig. Etwas anders funktioniert das Passivhaus, das durch optimale Wärmedämmung und kontrollierte Be- und Entlüftung fast komplett ohne aktives Heizen auskommt. Weil praktisch keine Wärme entweicht, genügen den Großteil des Jahres passive Wärmequellen wie Haushaltsgeräte oder der menschliche Körper.
Für meine Studie habe ich ausführliche Interviews mit Hamburgerinnen und Hamburgern geführt, die in einem Passivhaus oder einem Smart Home wohnen. Außerdem habe ich Experten aus der Bau- und Energiebranche befragt und Beobachtungen bei Energieunternehmen, Informationsveranstaltungen sowie in Passivhäusern und Smart Homes durchgeführt. Das wichtigste Ergebnis: Es gibt viele Vorbehalte gegen diese Heizlösungen, die häufig mit liebgewonnenen Routinen und bestimmten Mythen zusammenhängen. So sind etwa viele Menschen überzeugt, in Passivhäusern könne man die Fenster nicht öffnen. Und Smart Homes stehen in dem Ruf, kompliziert und für die Bewohner unkontrollierbar zu sein. Hinzu kommt, dass Heizen in Passivhäusern und Smart Homes ungewohnt ist: Wenn es draußen kalt ist, drehen wir normalerweise die Heizung auf. In Passivhäusern und Smart Homes ist dies nicht nötig – das irritiert viele Menschen.
Dies ändert sich, sobald die Menschen besser mit diesen Heizformen vertraut sind. Meine Studie zeigt, dass viele anfängliche Skeptiker nach kurzer Zeit in einem Smart Home oder Passivhaus zu regelrechten Fans werden. Diese Menschen haben sich häufig nicht aus Umweltschutzgründen auf die neuen Heizlösungen eingelassen, sondern wegen der geringeren Nebenkosten oder weil die Wohnungen gut ausgestattet und innerstädtisch gelegen sind. Viele Bewohner von Passivhäusern haben sich auch deshalb für den Einzug entschieden, weil sie das soziale Miteinander schätzen – Passivhäuser werden häufig genossenschaftlich gebaut und verfügen über attraktive Gemeinschaftsflächen. Zudem profitieren Menschen mit niedrigem Einkommen in solchen Projekten oft von vergünstigten Mieten. Mit entsprechenden Förderprogrammen kann die Politik so zwei Ziele gleichzeitig erreichen: mehr sozialen Wohnungsbau und weniger Emissionen.
Autorin: Johanna Matzat
Weitere Informationen:
- CliSAP Forschungsgruppe: C1: Gesellschaftlicher Nutzen von Klimainformationen
- Neues vom KlimaCampus: Alle Beiträge auf einen Blick
- Die Gastbeiträge im Hamburger Abendblatt seit 2010 gibt es auch als KlimaCampus-Lesebücher.