„Der globale Meeresspiegelanstieg hat sich bereits beschleunigt. Das liegt auch daran, dass die Eisschilde in Grönland und der Antarktis immer schneller abschmelzen. Wie sich der Anstieg in Zukunft entwickeln wird, hängt stark davon ab, wie viele Treibhausgase die Menschheit noch ausstoßen wird. Der Ankündigung von ambitionierteren Klimazielen und einem ‚Grünen Deal für Europa‘ sollten jetzt wirksame Maßnahmen folgen, damit die CO2-Emissionen schnell sinken. Im Moment sind wir auf dem Weg in eine Vier-Grad-Welt mit drastischen Folgen für die nächsten Generationen. Sollte ein sogenannter Kipp-Punkt des Klimas überschritten werden, besteht das Risiko, dass die Eisschilde über die Jahrtausende komplett abschmelzen, selbst wenn die Menschen dann keine Treibhausgase mehr ausstoßen. Deshalb ist es wichtig, dass wir schnell handeln,“ erklärt Professor Detlef Stammer, Direktor des Centrums für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) der Universität Hamburg. Stammer leitete die Erstellung der neuen Broschüre „Zukunft der Meeresspiegel“, die das Deutsche Klima-Konsortium (DKK) und das Konsortium Deutsche Meeresforschung (KDM) heute veröffentlichen.
Auf 32 Seiten geben die beiden Wissenschaftsverbände einen verständlichen Überblick zum Anstieg der Meeresspiegel. 14 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedlicher Forschungseinrichtungen ordnen gemeinsam die Informationen ein, die immer wieder in der Öffentlichkeit diskutiert werden, und erklären die wichtigsten Zusammenhänge und zugrunde-liegenden Prozesse in klaren Worten. Damit bietet die Broschüre Orientierung in Bezug auf plausible Zukunftsszenarien und hilft, die Risiken besser einzuschätzen. Zusätzlich erläutern die Forschenden die Situation an den deutschen Küsten, denn Klimawandel und Meeresspiegelanstieg betreffen auch die Nord- und Ostsee.
„Das größte Risiko stellt nicht der Meeresspiegelanstieg allein dar, sondern seine verstärkende Wirkung bei Sturmfluten. Die Belastung der Küstenschutzbauwerke erhöht sich, Seegang und Wellen nagen an den Küsten, die Erosion nimmt zu. Auf diese zunehmende Belastung müssen wir uns als Gesellschaft vorbereiten und uns daran anpassen. Werden heute etwa neue Infrastrukturen gebaut, sind diese meist mit robusten Schutzsystemen ausgestattet, die den zukünftigen Anstieg bereits berücksichtigen – alte müssen erhöht und verstärkt werden. Es gilt zusätzlich die Leistungen der Natur miteinzubeziehen sowie den natürlichen Küstenraum zu erhalten. Salzwiesen im Vorland entziehen zum Beispiel den Wellen Energie, sodass sie mit weniger Kraft an Land auflaufen. Manche Regionen werden künftig unbewohnbar sein, auch darauf müssen wir uns einstellen,“ erklärt Professor Torsten Schlurmann, der als Küsteningenieur an der Universität Hannover forscht.
Der enge Zusammenhang von Klimawandel und Ozean ist auch eines der Themen in Madrid, weshalb der Klimagipfel in diesem Jahr von manchen „Blue COP“ genannt wird. Einen wichtigen Beitrag stellt unter anderem der Sonderbericht des Weltklimarats über den Ozean und die Kryosphäre (SROCC) dar.