#ForestsforFutureWas leisten unsere Wälder für den Klimaschutz?
13. Mai 2019, von Anna Priebe (UHH Newsroom)
Foto: pixabay/jplenio
Ein Forschungsteam des Instituts für Holzwissenschaften hat die Wälder der Metropolregion Hamburg untersucht. Dabei geht es darum, wie Wälder CO2 binden und dauerhaft zum Klimaschutz beitragen können. Professor Michael Köhl, leitender Forscher im Exzellenzcluster CLICCS, stellt die Ergebnisse seines Teams vor.
Dass Bäume CO2 binden, ist bekannt. Welchen Beitrag leisten dabei konkret die Wälder in Hamburgs Metropolregion?
In der Metropolregion sind knapp 20 Prozent der Fläche mit Wäldern bedeckt. Bäume entziehen durch Photosynthese der Atmosphäre CO2. Der dabei entstehende Sauerstoff wird direkt freigesetzt, der Kohlenstoff wird über das Baumwachstum zur Holzbildung verwendet.
Insgesamt speichern die Wälder der Metropolregion rund 45,3 Millionen Tonnen Kohlenstoff in der oberirdischen und weitere 8,5 Millionen Tonnen Kohlenstoff in der unterirdischen Biomasse, also in den Wurzeln. Innerhalb von zehn Jahren wurden jährlich durchschnittlich 1,94 Millionen Tonnen Kohlenstoff neu gebunden. Das entspricht den jährlichen CO2-Emissionen von rund 3,4 Millionen Pkw.
Welche Wälder wurden in der Studie konkret untersucht?
Wir haben uns auf die Wälder der Metropolregion, also Hamburg und die umliegenden 19 Landkreise, konzentriert. Das Gebiet erstreckt sich von den Landkreisen Neumünster bis Uelzen und von Rotenburg (Wümme) bis Ludwigslust-Parchim. Die häufigsten Baumarten sind hier Kiefer, Eiche, Buche und Fichte. Als Grundlage für unsere Studie haben wir dabei die Daten der Bundeswaldinventur genutzt, die 2002 und 2012 anhand von Stichproben erhoben wurden.
Gibt es Bäume bzw. Wälder, die besonders gut bzw. viel CO2 speichern?
In der Biomasse von Tropenwäldern in Südamerika und West- und Zentralafrika sind durchschnittlich mehr als 120 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar gebunden. Dort gibt es besonders hohe Bäume, die oft auch einen großen Stammdurchmesser haben. Im deutschen Wald ist der durchschnittliche Kohlenstoffvorrat der Biomasse geringer – obwohl durch das im Vergleich zu Tropenwäldern höhere Wachstum jährlich pro Hektar mehr CO2 aus der Atmosphäre entfernt wird. Die geringeren Vorräte sind damit zu erklären, dass das Mehr an Biomassewachstum in unseren Wäldern durch Holzernte wieder abgeschöpft wird.
Wenn Bäume gefällt werden, wird dann das CO2, das Bäume gebunden haben, automatisch wieder freigesetzt?
Durch nachhaltige Holzernte wird der Kohlenstoffspeicher von Wäldern in der Tat reduziert, aber der Kohlenstoff aber im Holz gebunden, wenn es zum Beispiel zu Dachbalken oder Möbeln verarbeitet wird. Gleichzeitig verringert die Holzernte die Konkurrenz für die Bäume, die im Waldbestand verbleiben; das regt ihr Wachstum an, wodurch sie wiederum mehr CO2 aufnehmen können als vor der Holzernte.
Allerdings braucht man zum Verarbeiten ja auch wieder Energie und verursacht Emissionen.
Die Herstellung von Holzprodukten erfordert weniger Gesamtenergie und damit auch weniger Treibhausgas-Emissionen als die Herstellung der meisten funktionsgleichen Produkte aus nicht-erneuerbaren Materialien. So ist beispielsweise die Herstellung von Zement, Stahl oder Aluminium ein hoher Energieaufwand notwendig. Die Emissionen bei entsprechenden Holzprodukten sind deutlich geringer. Ein Beispiel: Die Produktion eines Fensterrahmens aus Aluminium verursacht 20 Mal mehr Emissionen als die eines Fensterrahmens aus Holz. Hinzu kommt, dass Holz ein ideales Material für die Kreislaufwirtschaft ist. Holzprodukte können am Ende ihres Lebenszyklus problemlos recycelt und in andere Holzprodukte überführt werden. Aus einem Dachbalken kann ein Regalbrett und aus dem Regalbrett einen Spanplatte hergestellt werden. Wir sprechen hier von Kaskadennutzung, durch die der Emissionsvorteil mehrfach ausgespielt wird. Am Ende der Kaskade kann das Holz energetisch genutzt werden.
Bei Pelletheizungen zum Beispiel wird das CO2, das zuvor gebunden war, zwar wieder freigesetzt. Der Atmosphäre wird aber nur die Menge an CO2 wieder zugeführt, die ihr zu einem früheren Zeitpunkt entnommen wurde. Anders ist es bei fossilen Energieträgern, deren Emissionen zu einem ständigen Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre führen.
Was folgern Sie aus den Ergebnissen, zum Beispiel bezüglich notwendiger Schutzmaßnahmen?
Wir haben für verschiedene Regionen Deutschlands gezeigt, dass die Weiterverarbeitung von Holz mehr CO2 binden kann als das Waldwachstum. Daher sollten Wälder so bewirtschaftet werden, dass die Zuwächse und damit die CO2-Bindung möglichst hoch sind. Damit kann mehr Holz geerntet und für die Holzverwendung bereitgestellt werden. Die stoffliche und energetische Nutzung von Holz ist zu intensivieren, um das Potenzial zur Emissionsminderung zu steigern. Voraussetzung ist aber, dass die Waldbewirtschaftung – wie in der Metropolregion – kontrolliert und nachhaltig betrieben wird.
Ein besonderes Problem für Wälder stellt der langfristige Klimawandel dar. Dürreperioden, Stürme und Insektenbefall, der durch warme Sommer begünstigt wird, setzen den Bäumen der Metropolregion zu. Besonders die Fichte ist hiervon betroffen.
Gibt es etwas, das wir tun können, um die CO2-Speicherfähigkeit der Wälder zu bewahren oder gar zu fördern?
Durch eine bewusste Produktwahl können wir zur Vermeidung der Waldzerstörung in den Tropen und damit zum Erhalt dieser wertvollen Kohlenstoffspeicher beitragen. Bis zu 20 Prozent der globalen CO2-Emissionen entstehen durch die Zerstörung von Tropenwäldern, deren Hauptursache die Umwandlung von ehemaligen Waldflächen in industrielle Landwirtschaftsflächen ist. Dort werden dann zum Beispiel Soja oder Ölpalmen angebaut.
Beim Konsum sollte man Produkte aus nachhaltig produziertem Holz statt aus nicht-erneuerbaren Rohstoffen wählen. Und man sollte sich bewusst machen: auch ein Baum, der im Rahmen einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung gefällt wurde, wirkt durch die Speicherung des CO2 weiterhin positiv auf das Klima.
Weitere Informationen
Knauf, M., Köhl, M., Mues, V., Olschofsky, K., Frühwald, A.: 2015: Modeling the CO2-effects of forest management and wood usage on a regionl basis, Carbon Balance and Management 10:13
Köhl M., P.R. Neupane, N. Lotfiomran, 2017: The impact of tree age on biomass growth and carbon accumulation capacity: A retrospective analysis using tree ring data of three tropical tree species grown in natural forests of Suriname. PLoS ONE 12(8): e0181187. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0181187
Dieser Beitrag ist Teil des Artikels "Heimatforschung" im Jubiläumsmagazin "20NEUNZEHN" der Universität Hamburg.