Pflanzengemeinschaft passt sich steigendem Meeresspiegel anWeniger Methanausstoß an Küsten als vermutet
14. Oktober 2020, von Meike Lohkamp
Foto: Thomas J. Mozdzer
Mangroven, Salzwiesen und Seegras sind weltweit an vielen Küsten verbreitet. Sie bilden spezielle Ökosysteme, die riesige Mengen Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre und den Ozeanen aufnehmen und es in ihren Blättern, Stämmen, Ästen, Wurzeln und auch den darunterliegenden Sedimenten speichern. Im Wechsel der Gezeiten werden sie jedoch überflutet, dabei tritt regelmäßig ein Sauerstoffmangel ein.
Fehlt der Sauerstoff, werden diese organischen Substanzen abgebaut und es entsteht Methan – ein hochwirksames Treibhausgas, das etwa 25-mal stärker wirkt als CO2. Bisher sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler davon ausgegangen, dass der Klimawandel diese Methan-Emissionen noch verstärken würde. Forschende rund um den Ökologen Dr. Peter Müller vom Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) der Universität Hamburg haben dies nun widerlegt und ihre Ergebnisse im Fachjournal Nature Communications veröffentlicht.
CO2 wirkt wie Pflanzendünger
Im Zuge des Klimawandels steigen vielerorts die Meeresspiegel. Küsten und ihre Ökosysteme werden dadurch in Zukunft häufiger überflutet. Peter Müller und sein Team fanden heraus, dass sich die Vegetation von Küstenökosystemen an die veränderte Situation anpasst, indem sie verstärkt überflutungsresistente Pflanzen ausbildet. Diese können trotz regelmäßiger Überflutung genug Sauerstoff in den Boden abgeben, so dass weniger Methan entsteht.
In einem Feldversuch auf einer Salzwiese der Chesapeake Bay an der US-amerikanischen Ostküste simulierte das Team um Müller das Klima der Zukunft: einen steigenden Meeresspiegel und eine höhere CO2-Konzentration in der Atmosphäre. Dazu verankerten sie zwei Jahre lang sogenannte Mesokosmen im Priel der Salzwiese. Diese großen Röhren, befüllt mit Boden der Salzwiese und den häufigsten Pflanzenarten, wurden auf unterschiedlicher Höhe installiert und die niedrigen Röhren daher entsprechend häufiger geflutet als die in höherer Lage. Mit Hilfe eines Gebläses wurden außerdem für einen Teil der Versuchspflanzen höhere CO2-Konzentrationen simuliert, wie sie etwa für das Jahr 2100 zu erwarten sind.
Pflanzen, die mit Überflutung umgehen können, verdrängen andere
Die Ergebnisse zeigen: Generell stießen Pflanzen und Böden bei höherem CO2-Gehalt mehr klimaschädliches Methan aus. „CO2 wirkt wie ein Pflanzendünger“, erklärt Peter Müller. „Dadurch entsteht mehr Biomasse und entsprechend mehr organisches Material im Boden. So haben Mikroorganismen, die für die Methanproduktion verantwortlich sind, mehr Nahrung.“
Zusätzlich stießen Pflanzen und Böden bei simuliertem Meeresspiegelanstieg mehr Treibhausgas aus. „Steht die Salzwiese häufiger unter Wasser, herrscht im Boden Sauerstoffmangel und die Mikroorganismen produzierten entsprechend mehr Methan“, so Müller. Dann aber machten die Forschenden eine aufregende Entdeckung: Mit der Zeit veränderte sich die Vegetation in den Mesokosmen und Pflanzen, die besser mit Überflutung umgehen können, verdrängten weniger angepasste Arten. „Die neuen Pflanzen sind in der Lage, bei Überflutung Sauerstoff in den Boden zu transportieren, um ihre Wurzeln weiterhin zu versorgen. Dadurch entsteht weniger Methan.“
Die Ergebnisse helfen, die aktuelle und künftige Dynamik von Treibhausgasen in Küstenökosystemen besser vorherzusagen. „Nun gilt es, sich intensiv mit den verschiedenen Pflanzengemeinschaften und ihren Einflüssen auf den Methanzyklus zu beschäftigen“, betont Müller.
Publikation
Mueller P, Mozdzer T J, Langley JA et al. (2020): Plant species determine tidal wetland methane response to sea level rise. Nat Commun 11, 5154 (2020).
Dr. Peter Müller ist Bodenkundler am Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) der Universität Hamburg.