Wie Gesteinsschutt von gestern die Meere von morgen beeinflusst
21. April 2021, von Janine Börker
Foto: UHH/ Thomas Wasilewski
Manche Felsen sehen aus, als wären sie gestreift. Das „Streifendesign“ entsteht, wenn sich Gesteinspartikel in Schichten übereinander lagern. Verfestigen sich die Partikel nicht, bilden sich sogenannte Lockersedimente. Wind und Wasser tragen diese im Laufe der Zeit wieder ab und transportieren die Sedimente an teilweise weit entfernte Orte.
Für die Erdsystemforschung sind das wichtige Prozesse – denn das feine Gesteinsmaterial beeinflusst viele Ökosysteme. Die Sedimente tragen beispielsweise Nährstoffe mit sich oder beeinflussen, wieviel Wasser ein Boden speichern kann. Gelangt das abgetragene Gestein in die Ozeane, beeinflusst es die Chemie des Meerwassers. Bisher fehlte in der Forschung jedoch eine weltweite Gesteinskarte, die die unterschiedlichen Lockersedimente abbildet. Daher habe ich mich mit meinen Kolleginnen und Kollegen vom Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) der Universität Hamburg an die Arbeit gemacht. Wir haben 126 Karten, die unterschiedliche Regionen der Erde mit ihren Lockersedimenten abbilden, zu einer globalen Karte vereint. Eine echte Herausforderung. Viele der Karten wurden uns von den nationalen geologischen Diensten zur Verfügung gestellt und lagen zum Großteil schon digital vor, doch einige Karten mussten zuerst digitalisiert werden. Eine weitere Schwierigkeit: Viele Karten waren in uns fremden Sprachen beschriftet – etwa Russisch und Chinesisch. Glücklicherweise halfen unsere vielen internationalen Kolleginnen und Kollegen bei der Übersetzung.
Die so entstandene globale Karte besteht aus fast einer Million Bereichen und kann eine Art Raster bilden. Diesem Raster ordneten wir Klimadaten zu – etwa die Temperatur und Wasserabfluss an der Oberfläche – und führten verschiedene Berechnungen durch, welche nun zum Beispiel in Klimamodelle integriert werden können.
Auch für meine Doktorarbeit war die Karte Grundlage. Mit ihrer Hilfe berechnete ich, wie die über Flüsse ins Meer gelangenden Lockersedimente dort den Säuregrad des Wassers beeinflussen. In der Klimaforschung sind solche Berechnungen enorm wichtig, denn durch den steigenden Gehalt an Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre, nehmen auch die Meere mehr CO2 auf. Dort löst sich das Treibhausgas und wird zu Kohlensäure. So wird das Wasser allmählich saurer. Meereslebewesen wie Korallen, Muscheln und Schnecken, die ihre Schalen aus säureempfindlichem Kalk aufbauen, sind dadurch bedroht. Auch Fische und Fischlarven leiden unter der zunehmenden Versauerung.
Doch einige der ins Meer gelangenden Lockersedimente können dem Prozess der Versauerung entgegensteuern. So etwa Löss. Dieses hellgelb-graue, sehr feine Material kann bewirken, dass das Meerwasser mehr CO2 aufnehmen kann. Bisher wurde der Einfluss von Löss auf den Säuregehalt des Ozeans jedoch nicht genauer untersucht. Meine Berechnungen zeigen nun erstmals, dass Löss den pH-Wert des Meerwassers erhöhen kann. Der pH-Wert ist ein Maß für den sauren oder basischen Charakter einer wässrigen Lösung. Je höher er ist, desto weniger sauer ist die Flüssigkeit. Einfach gesagt: Mehr Löss gleich weniger Säure. Bei zukünftigen Berechnungen mit Ozean- und Klimamodellen sollten diese Prozesse berücksichtigt werden, könnte es jene Modelle doch verbessern.
Janine Börker
Janine Börker forscht am Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) der Universität Hamburg. Sie erforscht globale Land-Ozean Stofftransporte, sowie die Rolle der chemischen Verwitterung im Erdsystem.
Gastbeitrag: Dieser Artikel ist zuerst im Hamburger Abendblatt im Rahmen unserer monatlichen Serie zur Klimaforschung erschienen. Alle Artikel der Serie.