IPCC-Bericht zum 1,5-Grad-Klimaziel – Statements des CEN
8. Oktober 2018, von Stephanie Janssen
Foto: Hon Kim / Unsplash
Heute erscheint der Sonderbericht des Weltklimarats IPCC über die Möglichkeiten, die Erderwärmung global auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Ist dieses Ziel noch realistisch? Wie kann es umgesetzt werden? Klimaforscherinnen und Klimaforscher des Exzellenzcluster CliCCS der Universität Hamburg werden dies in den kommenden Jahren analysieren. CliCCS Sprecher Detlef Stammer und CliCCS Co-Sprecherin Anita Engels kommentieren den IPCC Bericht.
Prof. Dr. Detlef Stammer, Sprecher des kommenden Exzellenzclusters CliCCS (Climate, Climatic Change, and Society),
Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN), Universität Hamburg
„Das aktuelle Ziel ist, die globale Erderwärmung auf 1,5 Grad oder auf maximal zwei Grad zu begrenzen. Kann dieses Ziel umgesetzt werden? Und wenn ja, wie? Diese Frage zu beantworten ist für die Klimawissenschaft eine Herausforderung. Eine Begrenzung auf diese Werte ist in jeden Fall sinnvoll. Nur so können wir die Auswirkungen des Klimawandels minimieren. Bezogen auf den Anstieg des Meeresspiegels und seine Folgen für Insel- und Küstenbewohnerinnen und -bewohner ist die Begrenzung der Erderwärmung zum Beispiel überaus wichtig.
Ein solches Ziel erfordert aber sofort drastische Einsparungen von Emissionen weltweit. Negative Emissionen könnten zusätzlich erforderlich sein. Das bedeutet, dass der Atmosphäre mit technischen Methoden vorhandene Treibhausgase entzogen werden. Doch hierfür gibt es keine konkreten Pläne, die über bloße Absichtserklärungen des Pariser Abkommens von 2015 hinausgingen.
Eine wichtige Aufgabe der Klimaforschung in Hamburg ist es daher, abzuschätzen, welche bevorstehenden Klimaänderungen möglich, also realistisch, sind und welche gesellschaftlich umsetzbar – und daher plausibel – sind. Solche Informationen werden wir aus einem neuem gemeinschaftlichen Prozessverständnis gewinnen, das die Klimadynamik, die Dynamik von Gesellschaften und deren Wechselwirkungen beinhaltet.
So wird die Klimawissenschaft in Hamburg in den kommenden Jahren für die Politik und für Entscheidungsträgerinnen und -träger wichtige neue Erkenntnissen liefern, die essentiell sind, um realistische Klimaziele zu erreichen.“
Prof. Dr. Anita Engels, Co-Sprecherin des kommenden Exzellenzclusters CliCCS (Climate, Climatic Change, and Society), Centrum für Globalisierung und Governance (CGG), Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN), Universität Hamburg
„Seit Jahren driften die wissenschaftliche Risikoabschätzung und die tatsächliche Praxis des Klimaschutzes immer weiter auseinander. Der 1,5 Grad Sonderbericht verdeutlicht erneut, dass in der Wissenschaft längst von viel gravierenderen Szenarien ausgegangen wird, als wir uns in unserer jetzigen Alltagswelt auch nur vorstellen können. Der schwierige Weg zum Kohleausstieg und das unerschütterliche Festhalten an der Auto-Mobilität – Stichwort Flottenerneuerung als Antwort auf den Dieselskandal – zeigen, dass es auch in Deutschland derzeit keine große Unterstützung für den Klimaschutz gibt.
Wir beobachten eine große Anzahl von Einzelinitiativen, aber es gibt keine zusammenhängende Klimaschutzbewegung in der Bevölkerung. Die Proteste um den Hambacher Wald zeigen zwar ein großes Mobilisierungspotential, doch das hat verschiedene Motive. Es bedeutet nicht, dass sich dieses Engagement automatisch auf andere Bereiche wie Energie, Mobilität und Ernährung überträgt.
Vielversprechend sind im Augenblick eher andere Ansätze: Initiativen wie Zero Hour in den USA setzen sehr strukturell an und versuchen vor allem Erstwählerinnen und -wähler zu mobilisieren. Das hat inzwischen weltweit zu Nachahmungen und Vernetzungen geführt. In der Wirtschaft ist mit dem sogenannten Divestment ein wichtiger Hebel vorhanden, um im großen Stil institutionelle Investoren wie Versicherungen und Pensionsfonds aus fossilen Wirtschaftsbereichen herauszuziehen. Wie diese verschiedenen Dynamiken weltweit zusammenwirken und welche Effekte das langfristig für den Klimaschutz haben wird, werden wir in unserem kommenden Exzellenzcluster CliCCS gemeinsam untersuchen.“