Traditionelle Landwirtschaft in Indien bedroht
1. Dezember 2023, von Lea Schröder
Foto: UHH/Schröder
Der Klimawandel beeinflusst die Landwirtschaft in vielen Regionen der Erde. Besonders schwierig wird es in Gebieten wie dem Himalaya in Nordostindien, wo steile Hänge und nährstoffarme Böden ohnehin den Anbau erschweren. Wie sind die Aussichten für die lokale Bevölkerung?
Ein Feld roden, bestellen, ernten, wechseln. Auf vielen Anbaugebieten rund um den Himalaya wird Wanderfeldbau betrieben – eine traditionelle Anbauform vor allem für Reis, aber auch andere Getreidearten und Gemüse. Beim Wanderfeldbau wird eine Waldfläche abgebrannt, dabei werden Schädlinge vernichtet und der Boden mit der Asche gedüngt. Nach ein bis zwei Anbaujahren wird auf ein neues Feld gewechselt. Währenddessen liegt das alte Feld brach, Gräser und Sträucher breiten sich aus und ein neuer Wald wächst heran, während sich der Boden erholt. Mein Team und ich forschen am Exzellenzcluster für Klimaforschung CLICCS der Universität Hamburg daran, was es für solche traditionellen Anbaumethoden in Zukunft bedeutet, wenn sich das Klima ändert.
Wanderfeldbau bereits jetzt unter Druck
Denn der Klimawandel sorgt nicht nur für Waldbrände in Australien und Trockenheit in Deutschland – er hat auch Auswirkungen auf die Bäuerinnen und Bauern in Nordostindien. Wie stark der Anbau dort bereits gefährdet ist, haben wir im Frühjahr 2023 direkt vor Ort untersucht. In Gesprächen berichteten uns die Landwirtinnen und Landwirte, dass sie in diesem Jahr zum Beispiel keinen Mais im Frühjahr anbauen konnten, weil der Regen ausblieb. Hinzu kommen weitere Herausforderungen: Vielerorts verlassen junge Menschen die Dörfer und können nicht mehr beim Anbau unterstützen. In anderen Gegenden treten kommerzielle Plantagen in Konkurrenz zu traditionellen Anbauformen. Das verringert die verfügbare Landfläche, was zu einer Verkürzung der Anbauzyklen beitragen kann.
Was passiert bis 2100?
Doch wie wird der Klimawandel in Zukunft die Felder am Himalaya beeinflussen? Dafür haben wir Informationen aus Bodenproben und Klimadaten in ein Computermodell eingegeben. Das Modell bildet alle Prozesse ab, die zwischen Atmosphäre, Pflanzen und Boden ablaufen: etwa Wasserkreislauf, Pflanzenwachstum oder die Bodenerosion. Es berücksichtigt zudem, wann die Menschen in Indien Reis aussäen, wann sie ihn ernten und wie lange sie die Flächen danach ruhen lassen. So konnten wir ermitteln, wie das Klima die Böden in Nordostindien bis 2100 beeinflusst.
In Zukunft wird durch stärkere Regenfälle während des Sommermonsuns immer mehr fruchtbarer Boden abgetragen. Besonders betroffen ist der Anbau auf den steilen Hängen und auf Flächen mit intensiver Bewirtschaftung, also kurzen Brachzeiten. Dort spülen Regenfälle den Boden leichter weg. Konkret könnte die Bodenerosion um mehr als 60 Prozent zunehmen, wenn sich die Erde statt um 1,5 um 3 Grad Celsius erwärmt. Bodenerosion wird also vor allem zum Ende des Jahrhunderts zunehmend zum Problem für die traditionelle Landwirtschaft in Nordostindien.
Ältere Generation hält am Wanderfeldbau fest
Wollen die Menschen unter diesen Aussichten den Wanderfeldbau weiter betreiben? Aus der jüngeren Generation tendieren viele dazu, die Landwirtschaft zu verlassen. Ältere hingegen halten am Wanderfeldbau fest, aus kulturellen Gründen aber auch aus Mangel an Alternativen, auch wenn sie sich dafür an neue Bedingungen anpassen müssen.
Helfen könnten etwa längere Pausen zwischen den Anbauzyklen, dann wird weniger fruchtbarer Boden abgetragen. Auch die Beschaffenheit der Felder muss berücksichtigt werden. Dabei gilt: Je steiler die Anbaufläche, desto länger sollte das Feld brachliegen. Angepflanzte Bäume könnten zudem helfen, den Boden mit ihren Wurzeln zu stabilisieren.
Mehr Informationen
Lea Schröder erforscht, wie sich Landwirtschaft nachhaltig an den Klimawandel anpassen kann. Sie ist Doktorandin an der Graduiertenschule SICSS am Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) und forscht im Exzellenzcluster für Klimaforschung CLICCS.
Gastbeitrag: Dieser Artikel ist zuerst im Hamburger Abendblatt im Rahmen unserer monatlichen Serie zur Klimaforschung erschienen. Alle Artikel der Serie