Kohlenstoffspeicherung im MeeresbodenIst der Boden der Ostsee nicht ganz dicht?
21. November 2023, von Prof. Dr. Christian Hübscher
Foto: UHH/CEN/T. Wasilewski
Was machen wir in Zukunft mit dem CO2, damit es nicht in die Atmosphäre gelangt? Eine Möglichkeit ist die Speicherung im Boden: Das CO2 wird bei der industriellen Produktion abgefangen, verflüssigt, zu geeigneten Stellen transportiert und im Untergrund gespeichert. So trägt es nicht zur Klimaerwärmung bei. In Europa wollen Länder wie Schweden oder Estland den Meeresboden unter der Ostsee dafür nutzen. Auf einer Expedition mit dem Forschungsschiff METEOR haben wir untersucht, ob die Gesteine wirklich geeignet sind.
Sturm, hoher Wellengang und Diskussionen über neue Erkenntnisse: Die Forschung auf hoher See ist aufregend. Mein Team und ich vom Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit an der Universität Hamburg sind mit dem Schiff in die Meeresregion zwischen Schweden und Lettland gefahren, um herauszufinden, ob sich dort im Meeresboden CO2 speichern lässt.
Drei Wochen waren wir unterwegs und haben verschiedene Messungen durchgeführt. Eine Methode war das sogenannte Fächerecholotverfahren. Damit erstellen wir detaillierte Karten vom Meeresboden, indem wir ihn mit akustischen Signalen abtasten. Ein weiteres Messgerät funktioniert ähnlich wie ein Ultraschall in der ärztlichen Praxis. Wir senden ein Signal in den Boden aus und erfahren dadurch mehr über die Schichten des Meeresbodens bis in über 1000 Meter Tiefe.
Die Eiszeit hat Spuren hinterlassen
Unter dem Meeresboden liegen hier hunderte Millionen Jahre alte Öl- und Gasfelder. Öl und Gas bestehen zu einem großen Teil aus Kohlenwasserstoff. Mit unseren Messgeräten prüfen wir, ob dieses Gas aus dem Meeresboden austritt. Denn Kohlenwasserstoff verhält sich wie CO2. Entweicht es, würde über kurz oder lang auch gespeichertes CO2 in die Atmosphäre gelangen.
Und in der Tat: Unsere Messungen haben eindeutig Stellen ermittelt, an denen Gas austritt. Hier ist der Meeresboden also kein sicherer Speicherort.
Aber warum ist der Meeresboden undicht? Unsere Daten zeigen: Während der Eiszeit haben hier Eisberge riesige Furchen in den Boden gezogen und dadurch große Teile des heutigen Meeresbodens abgetragen. Das hat den Boden porös gemacht. Der Kohlenwasserstoff durchdringt nun die lockere Sedimentschicht und gelangt ins Meer. Wir wissen noch nicht, wie viel davon hier austritt. Wir sehen aber: Der Meeresboden in der Ostsee ist nicht so gut versiegelt, wie er für die Speicherung von CO2 sein sollte.
Leistungsstarke Rechner, motivierte Studierende
Dass Eisberge verantwortlich sein könnten, haben wir schon an Bord festgestellt. Denn zwischen den Messungen selbst und der fertigen Auswertung liegt heute nur noch ein halber Tag. Das liegt an erstklassigen Rechnern und Messgeräten und natürlich auch an den motivierten Forschenden und Studierenden auf dem Schiff. Früher konnten wir die Daten wegen der langsamen Rechner erst nach der Reise an Land analysieren.
Während der Expedition setzen wir uns jeden Tag zusammen, sprechen über neue Entdeckungen und frische Ideen. Das ist eine fiebrige Atmosphäre! Immer mittendrin sind die Studierenden, die auf den Reisen viel über das wissenschaftliche Arbeiten und auch über das Leben lernen. Schon bald startet die nächste Expedition in die Ostsee. In einem Gebiet in der Nähe von Schweden ist der Meeresboden noch nicht gut genug untersucht. Das machen wir mit unserem Team.
Mehr Informationen
Prof. Dr. Christian Hübscher ist Geophysiker und Experte für unterirdische Speicherplätze. Er forscht am Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit der Universität Hamburg.
Gastbeitrag: Dieser Artikel ist zuerst im Hamburger Abendblatt im Rahmen unserer monatlichen Serie zur Klimaforschung erschienen. Alle Artikel der Serie