Internationale Küstenschutzkonferenz tagt in Hamburg
12. Juni 2023, von Sophia Haves
Foto: UHH/Haves
Durch den Klimawandel steigt weltweit der Meeresspiegel. Bis 2100 wird ein Anstieg bis zu einem Meter erwartet. Küstengebiete müssen sich auf dieses Szenario vorbereiten. Welche Maßnahmen gibt es bereits? Was muss in Zukunft getan werden? Und wie sind die deutschen Nord- und Ostseeküsten aufgestellt? Diese Fragen wurden auf der internationalen Küstenschutzkonferenz mit rund 100 Teilnehmenden vom 5. bis 7. Juni in Hamburg diskutiert.
Im Rahmen der Konferenz, die Prof. Detlef Stammer vom Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) der Universität Hamburg koordiniert, fand vergangene Woche ein parlamentarischer Abend statt. Sechs Expertinnen und Experten diskutierten mögliche Klimaszenarien und erforderliche Anpassungsmaßnahmen speziell für deutsche Küstengebiete.
Professor Peter Fröhle vom Institut für Wasserbau der Technischen Universität Hamburg leitete mit einem Impulsvortrag in das Thema ein. „Der klimabedingte Temperaturanstieg lässt Landeismassen abschmelzen. Daraus resultieren höhere Wasserstände“, so Fröhle. Wie hoch genau der Meeresspiegel ansteigt, ist dabei noch nicht ganz klar. Als wahrscheinlich wird zurzeit ein Anstieg bis zu einem Meter genannt. Ohne ausreichenden Hochwasserschutz wären bereits heute weite Teile Norddeutschlands überschwemmt.
Bereits im Mittelalter wurden hier erste Deiche gebaut. Inzwischen schützt eine Seedeichanlage von den Niederlanden bis nach Dänemark die gesamte deutsche Tiefebene. Durch den Klimawandel könnten Sturmfluten jedoch öfter und höher ausfallen. Verstärkte Erosionen an den Küsten sind eine weitere Folge. Die Hochwasserschutzanlagen müssten laut Fröhle daran mit speziellen Deichsystemen angepasst werden.
Schleswig-Holstein erreicht dies laut Katja Günther, Staatssekretärin im dortigen Umweltministerium mit sogenannten Klimadeichen. Diese sind zurzeit auf einen Meeresspiegelanstieg von einem Meter ausgerichtet, es lässt sich aber eine „zwei Meter-Spitze“ aufsetzen. Solche Systeme ermöglichen eine schrittweise Anpassung, je nachdem, welches Klimaszenario laut Weltklimarat (IPCC) wahrscheinlich ist. Nach und nach werden derzeit 430 Kilometer Landschutzdeiche in Klimadeiche umgebaut. Günther betonte allerdings auch die vergleichsweise einfache Lage an der Ostsee. Die Steilküste gilt dort als natürlicher Schutz.
Prof. Dr. Jochen Hinkel vom Globale Climate Forum und Bart van der Hurk vom Forschungsinstitut Deltares gingen am Beispiel der Niederlande konkreter auf den Fakt ein, dass Landmassen naturgemäß weniger Schutz benötigen als beispielsweise Großstädte wie Amsterdam. Hinkel sieht aber das Überspülen von Land, wie im genannten Fall der Ostseegebiete auch als mögliche Chance, beispielsweise für mehr Biodiversität.
Prof. Dr. Gabriele Gönnert vom Hamburger Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) ist Expertin für den Hamburger Hochwasserschutz und sieht die Hansestadt sehr gut vorbereitet. „Unser Schutz ist durch ein stufenweises Vorgehen bis 2100 sicher.“ Damit habe Hamburg Zeit, um auf neue IPCC-Prognosen zu reagieren. Zurzeit beginnt der LSBG für Hamburg, die Forschung der Meeresspiegelentwicklung weiter als 2100 zu analysieren. Da die klimatische Entwicklung nach dieser Zeit noch zu unsicher sei, müssen wir immer schnell reaktionsfähig sein und die Entwicklungen im Auge behalten. Auch die Kosten spielen eine Rolle. Ein Zentimeter Erhöhung der Hochwasserschutzanlagen kostet durchschnittlich fünfzehn Millionen Euro Steuergelder, sagt Gönnert.
Auch Bremen ist gut aufgestellt, so der Deichhauptmann Dr. Michael Schirmer aus der Hansestadt. Er hält die Zusammenarbeit der Bundesländer im Küstenschutz für existenziell wichtig: „Wenn eine Sturmflut in eine deutsche Bucht kommt und sich nicht in die untere Weser ausbreiten kann, weil Bremen dort ein Sperrwerk gebaut hat, dann fließt die Wassermasse in die Elbe und gefährdet Hamburg. Weser und Elbe müssen gemeinsam bedacht werden.“
In einem Punkt sind sich alle Diskutanten einig: Die wichtigste Stellschraube ist das Einsparen von CO2, um all diesen Szenarien vorzubeugen.