Baumtest startet: Wer ist fit für den Klimawandel?
17. Juni 2019, von Stephanie Janssen
Foto: UHH/CEN/A.Schütt
Zwei Eiben in Harburg und Altona sind mit über 800 Jahren die ältesten Bäume in Hamburg. Sie brauchten etwas Glück, aber vor allem auch gute Bedingungen, um so alt zu werden. Nach Angaben der Behörde für Umwelt und Energie (BUE) werden jedes Jahr rund 2000 neue Bäume in der Stadt gepflanzt. Die nächsten sollten gut auf den Klimawandel vorbereitet sein.
Auf einer Testfläche der Hamburger Baumschule Lorenz von Ehren werden zurzeit Eiche, Linde, Blasenesche, Hainbuche und fünf weitere Arten unter strenger wissenschaftlicher Aufsicht angepflanzt. Insgesamt 135 Bäume werden hier in den nächsten drei Jahren oberirdisch und unterirdisch genauestens beobachtet. Annette Eschenbach vom Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) der Universität Hamburg testet mit ihrem Team, welche Arten im Stadtklima der Zukunft am besten zurechtkommen werden.
Die Pflanzgruben mit einer Fläche von mehr als sechs Quadratmetern werden über einen Meter tief ausgehoben. In 36 der Gruben werden unter der Erde Messinstrumente versenkt, die Daten für die Forscherinnen und Forscher erheben. Wie feucht ist der Boden? Wie hoch der CO2-Gehalt? So ermitteln sie, welcher der Baum unter welchen Bedingungen am besten mit höheren Temperaturen und langen Trockenphasen im Sommer umgehen kann.
Das Substrat, also der Boden, in dem die Wurzeln wachsen, spielt dabei eine große Rolle. Deshalb werden die Gruben mit drei verschiedenen Bodensubstratmischungen befüllt. Einmal Sandlöß, ein reichhaltiger natürlicher Boden. Dann das für Neuanpflanzungen in Hamburg übliche Pflanzsubstrat, das mit Steinen aus Lavaschlacken versetzt ist
„Das letzte Drittel der Bäume bekommt nur Sand als Substrat, den wir zusätzlich mit Nährstoffen versehen,“ sagt Alexander Schütt, der als Doktorand im Projekt arbeitet. „Sand kann das notwendige Wasser schlechter halten. Wir erzeugen also künstlich trockenere Bedingungen und simulieren damit den zu erwartenden Klimawandel.“ Ist ein Baum im Sand erfolgreich, hätte er also Potenzial, auch mit weniger Feuchtigkeit gut zurecht zu kommen.
Projektleiterin Annette Eschenbach sagt, dass Stadtbäume schon heute kürzer leben. Zunehmender Stress durch versiegelte Flächen, wenig Platz für die Wurzeln, Trockenheit, mehr Hitze, schlechte Substrate und Abgase machten den Pflanzen das Leben schwer. „Pflanze ich heute einen Baum an Hamburgs Straßen, wird er schon in 40 bis 50 Jahren wieder eingehen“, schätzt Eschenbach. Das ist nicht nur tragisch für das Stadtbild, sondern auch für die vielen Funktionen die das Stadtgrün in Hamburg bislang erfüllt: Schattenspenden, durch Verdunstung die Umgebung kühlen, Sauerstoff produzieren und CO2 binden.
Hamburger Abendblatt, Gastbeitrag Annette Eschenbach, 11. Juli 2018
Gestresste Straßenbäume werden künftig früher sterben
Projektinfo:
Projekt BoBast (Bodensubstrat und Baumartenwahl für klimaangepasste Stadtbaumpflanzungen) finanziert durch das Bundesumweltministerium (BMU)
Partner:
- Centrum für Erdystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN), Universität Hamburg
- Institut für Bodenkunde, Universität Hamburg
- Arbeitsgruppe angewandte Pflanzenökologie, Universität Hamburg
- HafenCity Universität (HCU)
- Baumschule Lorenz von Ehren
- Pflanzsubstrat-Lieferant Kompost + Erden
- Behörde für Umwelt und Energie (BUE), Abt. Landschaftsplanung und Stadtgrün
Kontakt:
Prof. Dr. Annette Eschenbach
Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit CEN
Universität Hamburg
annette.eschenbach"AT"uni-hamburg.de